Chronik / Geschichte


Schirkanyen, sächsisch Schirkonyen, rumänisch Şercaia, ungarisch Sárkány, gehört zu den Gemeinden des Burzenlands und wurde wahrscheinlich vom Deutschen Ritterorden an der nordwestlichen Grenze ihres Ordensgebietes angelegt. Der Ort wird erstmals in einer Papsturkunde Gregor IX. im Jahre 1235 als „Sarcam“ erwähnt. Gleichzeitig werden die ersten namentlich bekannten Geistlichen „Hermannus et Gerlacus sacerdotes de Sarcam“ (Hermann und Gerlach) genannt. 1372 wird der Ort als „oppidum Scherkkegen“ (Marktflecken Schirkanyen), 1429 als „Sorkingen“ erwähnt. Auf der Siebenbürgenkarte des Johannes Honterus (Basel, 1532) heißt der Ort „Schyrkengin“.

Schirkanyen liegt an einem alten Handels- und Verkehrsknotenpunkt; die Verkehrsverbindung verläuft in ost-westlicher Richtung von Kronstadt nach Fogarasch und Hermannstadt sowie in nord-südlicher Richtung von Schäßburg-Reps über Rosenau und die Karpaten in die Walachei. Der Ort liegt in einer Ebene, die im Süden bis an die Südkarpaten reicht, und von mehreren Höhenzügen umgeben ist: im Nordosten und Osten von den Ausläufern des Geisterwaldes; im Norden beginnen jenseits des Alt die Hügel des „Altlandes“; im Westen liegt der Höhenzug, auf dem die alte Grenze zwischen Fogarascher und Burzenland verlief. Schirkanyen grenzt schon seit dem Mittelalter an vier rumänische Ortschaften und eine ungarische und war somit von jeher eine deutsche Sprachinsel in anderssprachigem Umfeld.

Die Kirche – Als einzige sächsische Gemeinde des Burzenlandes besitzt Schirkanyen keine Kirchenburg und hat auch laut bisher bekannten Urkunden nie eine solche besessen. Dafür ist bekannt, dass hier in der Zeit der Ansiedlung ein Kloster existierte, woran noch heute Flurbezeichnungen erinnern: „Montschebich“ (Mönchsbach), „Montschebicher Wiech“ (Mönchsbacher Weg), „Montschau“ (Mönchsau), „Montschenauer Hill“ (Mönchauer Hügel).

1429 wird erstmals eine Kirche im Ort erwähnt. Sie war der Heiligen Katharina gewidmet und auf der höchsten Erhebung des Ortskernes, am rechten Ufer des Schirkanyer Baches, errichtet worden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die alte Kirche durch mehrere Überschwemmungen beschädigt, instandgesetzt, wiederaufgebaut. Schließlich wurde sie abgetragen und dafür zwischen 1868 und 1875 die neue Kirche in neugotischem Stil gebaut. Architekt war der in Kronstadt wirkende Ingenieur Josef Sampek. Aus Gründen des Platzmangels erhielt der Bau eine ungewöhnliche Nord-Süd-Ausrichtung. Mittel- und Seitenschiffe sind durch einfache, in Felder eingeteilte, neugotische Gewölbe ohne Rippen überhöht.

Kirchenbänke und Kanzel stammen aus derselben Zeit wie die Kirche, das Taufbecken (1859) stammt aus der alten Kirche. In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde der Altar nach Plänen des Kronstädter Ingenieurs Peter Bartesch gebaut. Das Relief des Heiligen Abendmahls schuf der Kronstädter Bildhauer Prof. Hermann nach dem Bilde von Leonardo da Vinci. Im Ersten Weltkrieg wurde das Mittelbild des Altars stark beschädigt und danach mehrmals restauriert, zuletzt 1984. Auf beiden Seiten des Hauptbildes befanden sich bis zum Ersten Weltkrieg zwei Gipsfiguren der Apostel Petrus und Paulus. Sie wurden bei der Plünderung der Kirche im Jahre 1916 zerstört und 1928 durch zwei Ölbilder des Zeidner Malers Eduard Morres ersetzt. Sie stellen den Apostel Paulus mit Schwert und Martin Luther in Gestalt des heiligen Christophorus dar.

Die Orgel der Kirche stammte von einem Orgelbauer namens Petrus Schneider und war 1626 gebaut worden. Auch sie wurde 1916 unbrauchbar gemacht und in den Zwischenkriegsjahren mit einem Instrument der Temeswarer Orgelbauerfirma Leopold Wegenstein ersetzt.

Der Kirchturm steht etwa sechs Meter südlich der Kirche und schließt sich unmittelbar ans Pfarrhaus an. In einem Hohlfenster wurde bei Restaurierungsarbeiten vor elf Jahren die Jahresinschrift „1691“ entdeckt; vermutlich ist der Turm jedoch älter.

Denkmalwerte Gebäude – Außer dem Kirchturm, dem ältesten Bauwerk im Ort, gibt es noch das alte Präfekturgebäude aus dem 18. Jahrhundert, das seit 1945 als Schulgebäude genutzt wird. Aus der gleichen Zeit stammt das ehemalige k.u.k. Forstamtsgebäude, das auch heute noch dem gleichen Zweck der Forstverwaltung dient. Das Pfarrhaus stammt von 1839. Einige ältere Giebelhäuser weisen auch heute auf den Namen des Erbauers und das Baujahr am Hausgiebel hin, andere Inschriften sind durch den Umbau der Hausfront verschwunden.

Die Bevölkerung Schirkanyens war vom Bauerntum geprägt. Nach Enteignung des Bodens in den Nachkriegsjahren mussten viele Schirkanyer ins nahe gelegene Fogarasch pendeln, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. So gab es wenig Abwanderungen in Städte.

Bei der ältesten Burzenländer Volkszählung (1510) wurden in Schirkanyen 35 Wirte gezählt, 1581 waren es 121, im Jahre 1637 dann 119. Im Jahre 1760 sind 700 Steuerzahler verzeichnet. Ein knappes Jahrhundert später, im Jahre 1850, zählt die Gemeinde 961 Sachsen, 1900 sind es 896.

Schirkanyen hatte durch seine exponierte Lage an einem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt viel zu leiden: Mongolen, Türken, Militärdurchzüge und Stationierungen verursachten der Bevölkerung viel Ungemach. Desgleichen die Jahrhunderte dauerenden Streitigkeiten um den Besitz oder den Erhalt der Ortschaft, ausgetragen zwischen Kronstadt und den jeweiligen Landesherrn und Fogarascher Fürsten. 1848 erlangten die Bewohner ihre völlige Freiheit, wonach Schirkanyen einen raschen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung verzeichnete, wie folgende Zeittafel belegt:

Um die Jahrhundertwende gab es schon Auswanderungen in die USA. Die meisten Schirkanyer kehrten aber zurück, nachdem sie dort eine Zeitlang gearbeitet und Geld gespart hatten. 1910 lebten 50 Schirkanyer in den USA, 2 hielten sich in Deutschland, 25 im damaligen Königreich Rumänien und 50 anderswo im Inland auf. In den zwanziger Jahren gab es erneut eine Auswanderungswelle in die USA, wieder aber kehrten viele der Ausgewanderten nach einigen Jahren heim.

Im Ersten Weltkrieg starben 20 Männer aus Schirkanyen, einer geriet in russische Gefangenschaft und besuchte erst nach 23 Jahre wieder seinen Heimatort. Im Zweiten Weltkrieg fielen 27 Männer, weitere 20 Männer und Frauen starben als Verschleppte in der Sowjetunion.

Viele Heimkehrer aus der Gefangenschaft oder Verschleppung blieben in Deutschland. Es erfolgte die zunehmende Auswanderung in die Bundesrepublik, die auch nach dem Massenexodus von 1990 noch fortdauert. Heute leben noch 31 evangelische Seelen im Heimatort. 1944 waren es 821, 1989 noch 178.